10. November, Freitag, bis Frühjahr 2024
Die Banalität des Verschwindens – Menschen und Synagogen in Thüringen
Geschichte der Synagogen und des jüdischen Lebens in Thüringen
Schloss Elisabethenburg
Eröffnung 9. November, Donnerstag
Sichtbar machen, was aus dem Blick geraten ist und Jahr für Jahr unsichtbarer wird, das ist das Ziel dieser Ausstellung. Denn die Zerstörung der Synagogen am 9. November 1938 erweist sich als dauerhafte und bis heute fortschreitende Auslöschung der Orte der Erinnerung jüdischen Lebens in Deutschland. Nur wenige Bürger wissen noch, wo „ihre“ Synagoge stand und wie sie aussah. Diese einst wichtigen, zentralen und prägenden Gebäude sind nicht mehr Teil des kollektiven Gedächtnisses. Studiert man die Geschichte der Auslöschung der jüdischen Gemeinden in Thüringen ab 1933 und das Schicksal der jeweiligen Immobilien und Grundstücke, so fällt auf, dass kein Fall wie der andere beschaffen ist. Von der totalen Zerstörung und Überbauung des Geländes mit Profanbauten, über den Verzicht auf jeden Hinweis auf die Geschichte dieser Liegenschaft, bis zum wundersamen Überleben und aktuell gedenkender Pflege der Architektur scheint jeder Fall vertreten.
Die Fotografien des Fotografen Jan Kobel zeigen die Orte der 32 ehemaligen Synagogen in Thüringen, deren Grundstücke und unseren heutigen Umgang mit ihnen. Jedes Foto wird durch sorgsam recherchierte Texte von Judith Rüber begleitet und holt die Bedeutung jüdischen Lebens in den vielen Stadt- und Landgemeinden Thüringens wieder in das Bewusstsein. Dem offiziellen DDR-Gedenken gingen zahlreiche Bürgerinitiativen voraus, die einen Wandel von unten signalisierten: Lag doch bis dato der Fokus des Gedenkens auf den politisch Verfolgten als Opfer des Faschismus.
Erst zum 50. Jahrestag des Pogroms 1988 wurden für die meisten geschändeten Synagogen auf dem Gebiet der DDR Gedenksteine aufgestellt. Häufig auf Initiative, mit Unterstützung und nach Recherchen der evangelischen Pfarrer, deren Amtsvorgänger die Teilnahme an den feierlichen Einweihungen dieser Synagogen im 19. und frühen 20. Jahrhundert nicht selten verweigert hatten. Allem Bewusstsein um die Notwendigkeit einer aktiven Gedenkkultur zum Trotz, werden die Grundstücke und baulichen Reste des durch die Nationalsozialisten vernichteten jüdischen Lebens bis heute oft behandelt, als seien sie normaler Baugrund. Die Bedeutung authentischer Orte und des Respekts vor ihrer Unberührbarkeit wird von den Eigentümern, Verwaltungen und Akteuren häufig nicht erkannt. Diese authentischen Orte sind aber Voraussetzung für ein sich in das allgemeine öffentliche Bewusstsein der Deutschen eingrabendes Gedenken.