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1. Oktober 2023 bis Mitte 2024

„Der Wagen rollt“: 100 Jahre Postkutschenlied - 100 Jahre Baumbach-Gemeinde

Sonderausstellung im Baumbachhaus

--> Die Bürgermeisterwette von Meiningen, siehe unten

1923 erschien die noch heute populäre Vertonung von Rudolf Baumbachs Gedicht „Der Wagen rollt“ erstmals im Druck. 1924 gründete sich in Meiningen ein Verein, der maßgeblich an der Sammlung und Aufarbeitung des Nachlasses von Rudolf Baumbach und seiner Angehörigen beteiligt war und dem auch die Einrichtung des Dichterhauses als Museum zu verdanken ist. Zwischen 100 Jahren „Hoch auf dem gelben Wagen“ und 100 Jahren „Baumbach-Gemeinde“ gibt die Sonderausstellung im Meininger Literaturmuseum einen Einblick in die Erfolgsgeschichte des Postkutschenliedes und zeigt Interessantes, Kostbares und Kurioses aus dem Nachlass der Baumbach-Familie.

 

Als die Gattin des Berliner Apothekers Heinz Höhne (1892 – 1968) am 24. Dezember 1922 die Weihnachtsbescherung ihres musizierenden und komponierenden Mannes in den Händen hielt, ahnte sie sicher nicht, dass diese Gabe ihr noch als Witwe Freude bereiten würde – in Form von sprudelnden Tandiemen. Das Lied „Hoch auf dem gelben Wagen“, als privates Geschenk entstanden, entwickelte sich über die Jahrzehnte zum Dauerbrenner. Eine Renaissance erlebte es, als vor fünfzig Jahren der Musikproduzent Dirk Tillen die Idee hatte, mit dem Interpreten Walter Scheel (1919 – 2016) und dem Düsseldorfer Männergesangverein eine Single zu produzieren. Mit dieser stürmte der damalige Bundesaußenminister und spätere Bundespräsident 1973 die deutschen Hitparaden. Als der Meininger Kohlehändler Karl Sprenger im Sommer 1924 die Baumbach-Gemeinde ins Leben rief, war der Namensgeber dieses Vereins gerade kein Hitparadenstürmer.

Nach Erstem Weltkrieg und Hyperinflation drohte auch der Dichter Baumbach der Vergessenheit anheim zu fallen. Zudem war der „fahrende Geselle“ aus der literarischen Mode gekommen. Durch Herausgabe einer Baumbach-Biografie, Veranstaltung von Rezitationsabenden, Spendenaufrufe für ein Baumbach-Denkmal und nicht zuletzt durch die allmähliche Einrichtung des bisherigen Wohnhauses in der Burggasse als Museum versuchte der Verein, dem Vergessen entgegenzuwirken. Die aktuelle Sonderausstellung gibt Zeugnis von der erfolgreichen Sammlungstätigkeit der Baumbach-Gemeinde, die ab 1947 von den Meininger Museen fortgesetzt wurde. So zeigt sie Urkunden von Herzog Georg II., dem Schillerverein Triest, der Kunst- und Gewerbeausstellung London 1891 und der Universität Wien. Von Georg Lilie kunstvoll gestaltete Grußbotschaften der Sektion Meiningen des Deutschen und österreichischen Alpenvereins sowie der Meininger Burschenschafter belegen die Hochachtung vor dem Dichter in beiden Kreisen. Briefkuverts mit Verlagsaufdrucken künden von der Popularität Rudolf Baumbachs auf dem Buch- und Zeitschriften- markt um 1900. Postkarten aus Deutschland und dem Ausland geben Auskunft über die Reisen des Dichters. Auch bietet die Ausstellung Gelegenheit, Rudolf Baumbach auch als Zeichner kennenzulernen. Natürlich befindet sich unter den Exponaten auch der Autograf des Gedichtes „Der Wagen rollt“ – ausnahmsweise im Original.

Meininger Tageblatt am 4. Dezember 2023: Die Bürgermeisterwette 2023

Marko Hildebrand-Schönherr
Das war knapp: Bürgermeister Fabian Giesder gewinnt am Samstagnachmittag mit 125 singenden Viertklässlern der Meininger Grundschulen sehr knapp die Weihnachtswette. Darüber freut sich auch Wettkonkurrent Andreas Seifert, der insgeheim hoffte zu verlieren.

MeiningenDer bekannte Evergreen „Hoch auf dem gelben Wagen“ schallte am Samstagnachmittag aus Hunderten Kehlen über den Meininger Weihnachtsmarkt. Es ist eigentlich kein klassisches Lied für die Adventszeit. Dennoch lockten gerade diese Strophen das Publikum in Scharen auf den Marktplatz. Sogar der Weihnachtsmann mit seiner brummigen Bassstimme sang vergnügt mit. Für diese ungewöhnliche Gesangseinlage gab es einen triftigen Grund: Andreas Seifert vom Baumbachhaus hatte auf Meininger-Tageblatt-Initiative mit Bürgermeister Fabian Giesder gewettet: Schafft es das Stadtoberhaupt, mindestens 120 Viertklässler aus den sechs Meininger Grundschulen dazu zu bringen, gemeinsam „Hoch auf dem gelben Wagen“ zu singen – und zwar alle vier Strophen, wie sie der berühmte Meininger Dichter Rudolf Baumbach 1879 verfasste?

Bei rund 325 Schülern der 4. Klassen aus den Grundschulen in Meiningen und den Ortsteilen Walldorf, Herpf und Henneberg glaubte das Stadtoberhaupt zunächst an ein leichtes Unterfangen, merkte aber schnell, dass er da eine harte Nuss zu knacken hatte. Die Spannung blieb bis kurz vor dem Auftritt am Samstag um 15 Uhr groß. Andreas Seifert, der Leiter des Meininger Literaturmuseums, wünschte sich nichts mehr als die Wette zu verlieren. Seit Jahrzehnten pflegt er das Erbe Baumbachs in dessen früheren Wohnhaus in der Burggasse. Der leitende Museumsmitarbeiter freute sich, dass die Schulkinder dessen Verse einstudierten und sich so mit dem berühmten Sohn der Stadt auseinandersetzten.

Am Ende versammelten sich am Weihnachtsbaum auf dem Markt 125 Viertklässler aus allen sechs Schulen, die zuvor für die korrekte Zählung ein nummeriertes Bändchen fürs Handgelenk erhielten. Gemeinsam sangen sie die vier Originalstrophen von „Hoch auf dem gelben Wagen“, dirigiert vom bekannten Meininger Chorleiter Matthias Bretschneider. Der Wagen rollte sinnbildlich übers Marktpflaster und beförderte das Stadtoberhaupt auf die Siegerstraße.

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