20. November 2015 bis 24. April 2016
Gabriela von Habsburg: Sprechender Stahl
Skulpturen – Lithographien
In ihren Skulpturen gestaltet die Bildhauerin Gabriela von Habsburg gezielt Rhythmen von Räumen, Zwischenräumen und Leerräumen, vergleichbar mit musikalischen Kompositionen, deren Klänge und Pausen als ein Gesamtes hörbar sind. Der Betrachter ihrer Werke erfüllt und vollendet diese mit eigenen Gedanken und Gefühlen, mit Spontanem und Grundsätzlichem.
Für Gabriela von Habsburg begann die intensive Auseinandersetzung mit Form und Material 1978, als sie ein Studium an der Akademie der Bildenden Künste München aufnahm. Die Kunsttheorie und Kunstpraxis der internationalen Avantgarde vor Augen, zu deren führenden Vertretern Bildhauer wie Archipenko, Pevsner und Naum Gabo zählen, und geschult durch ihre herausragenden Lehrer, den Dänen Robert Jacobsen und den italienstämmigen Schotten Eduardo Paolozzi, entschied sich die Künstlerin für die gegenstandslose Skulptur und wählte als bevorzugtes Material Edelstahl. Zu ihrem großen Thema erhob sie fortan den schöpferischen Umgang mit dem Raum. Das Einfangen und Markieren von Raum mittels skulpturaler Konstruktionen beherrscht die passionierte Metallbildhauerin inzwischen mit Perfektion. Ihre mit Kühnheit erschaffenen monumentalen Denkmäler und Skulpturen zeugen davon genauso wie die spielerische Leichtigkeit und Grazie ihrer Plastiken im Kleinformat.
Alle ihre Werke entstammen einem auf geometrische Grundformen und Grundkörper reduzierten Arsenal. Sie werden gebogen oder geknickt, durch Schweißtechnik miteinander verbunden und kombiniert, was zu frappierenden plastischen Gebilden führt. Ein aufwendiger Schleifvorgang veredelt die Stahloberflächen, bis sie in raffinierten Strukturbildern erblühen. Diese Skulpturen sind vielfach auffällig offen angelegt, dem Betrachter zugewandt. Sie lassen Einblicke und Durchblicke zu. Neue Perspektiven bieten sich. Jeder Wechsel der Blickrichtung zieht eine Wandlung der Raumwirkung ihrer Plastiken nach sich. So liefert Gabriela von Habsburg Wahrnehmungsspiele, die sich in haptischer Lebendigkeit entfalten – im Großen wie im Kleinen.
Unter dem Titel "Sprechender Stahl" vereinte die Ausstellung in den Meininger Museen etwa 45 klein- bis mittelformatige Edelstahlskulpturen der Künstlerin. Hinzu kamen mit 30 Lithographien ein repräsentativer Querschnitt ihrer grafischen Arbeiten. Ortsfeste Skulpturen, deren Standorte sich über Deutschland hinaus auch in Österreich, der Schweiz, Ungarn, Großbritannien, Kasachstan oder Georgien befinden, wurden in einer Auswahl mit Großfotos vorgestellt. Wie beim "Denkmal zur Grenzöffnung" im ungarischen Sopron (1996, Höhe: 9 m) sind mit ihnen nicht selten politische und gesellschaftliche Ereignisse von welthistorischer Tragweite verbunden. Darüber hinaus wurde Gabriela von Habsburg auch als Schöpferin von "Preistrophäen" für namhafte Kultur- oder Politikpreise vorgestellt. Mit dem CineMerit Award für Mario Adorf und dem Burgemeister Fernsehfilmpreis für Oliver Berben wurden in dieser Exposition gleich zwei originale Exemplare aus diesem Werkkomplex präsentiert. Insgesamt wurde ein achtbarer Überblick des bisherigen Schaffens der Künstlerin möglich, der auch als Anregung und Aufforderung für noch umfassendere Ausstellungen in weiteren Kunstmuseen gedacht war.
Wie ihr Vater, der charismatische Europäer Otto von Habsburg, ist Gabriela von Habsburg eine politisch und gesellschaftlich höchst engagierte Persönlichkeit. Ihr enges Verhältnis zu Meiningen ist familiär geprägt: ihre Mutter entstammt dem herzoglichen Haus Sachsen-Meiningen, dessen berühmtester Vertreter Herzog Georg II. ist. Verständlich, dass die Musik- und Theaterverehrerin Gabriela von Habsburg in ihm einen Lieblingsahnen sieht, hat er doch mit seinem künstlerischen Vermögen als "Theaterherzog" europäische Kulturgeschichte geschrieben.
Veranstaltungen:
21. Februar und 13. März, Sonntag
Führung durch die Ausstellung
mit Winfried Wiegand, Direktor der Meininger Museen
24. April, Sonntag
Finissage zur Ausstellung
In der Finissage zur Ausstellung "Sprechender Stahl" am Sonntag, dem 24. April 2016, wurde eine Brücke zwischen der Künstlerin und der Kunstliebhaberin oder besser der Bildhauerin und der Musikliebhaberin Gabriela von Habsburg gespannt. Nicht nur kennt und liebt Gabriela von Habsburg klassische Musik, die sie ein Leben lang begleitet hat - in der Konstruktion ihrer Skulpturen herrschen für sie die gleichen Regeln vor wie in der Welt der komponierten Klänge. Gestalteter Raum und leerer Raum sind ihr wie erfüllter Ton und Pause. So beatmet die Künstlerin ihre Schöpfungen aus dem Geist der Musik und dem Geist der Raumkunst gleichermaßen und verlebendigt sie.
Und auch Musik zum Hören war natürlich im Programm. Hierfür wurde eine Komposition einer weiteren leidenschaftlichen Musikliebhaberin der Familie von Sachsen-Meiningen ausgewählt, die Romanze in F-Dur von Prinzessin Marie Elisabeth, einer Tochter des Meininger Theaterherzogs Georg II. Es musizierten Lika Bibileishvili, München/Georgien (Klavier) und Hagen Biehler, Meiningen (Klarinette). Die Finissage wurde moderiert und gestaltet von Winfried Wiegand, Meininger Museen, Elmar Zorn, München/Traunstein, Dieter Ronte, Bonn/Palma de Mallorca und natürlich Gabriela von Habsburg. Zur Ausstellung erscheint ein Begleitbuch, welches im Rahmen der Finissage vorgestellt wurde.