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Juni bis Oktober 2022

Oskar Kokoschka und Mozarts Zauberflöte

Schloss Elisabethenburg, Marmorsaal

Wolfgang Amadeus Mozarts 1791 uraufgeführte Oper „Die Zauberflöte“ zählt seit über 200 Jahren zu den populärsten und zugleich tiefsinnigsten Werken des Musiktheaters. Die Synthese aus ägyptischer Mythologie, freimaurerischem Gedankengut und singspielhaften Elementen hat Künstler aller Disziplinen in besonderem Maße inspiriert und angeregt. Als Beispiele unter vielen gelten die von Johann Wolfgang von Goethe initiierte Bearbeitung des Werks für die Weimarer Inszenierung 1794, seine Dichtung einer Fortsetzung „Der Zauberflöte zweiter Teil“, die Paraphrasen und Bühnenbildentwürfe von Max Slevogt oder die berühmtem Bühnenbilder Karl Friedrich Schinkels für die Berliner Inszenierung 1816.

Auch der österreichische Expressionist Oskar Kokoschka (1886-1980) war von Mozarts „Zauberoper“ fasziniert. Kokoschka gehörte zu den während der NS-Zeit als „entartet“ diffamierten Künstlern. Aus seiner Emigration in England wählte er 1953 den Ort Vevey am Genfer See zu seinem Alterssitz; er wurde damit quasi Nachbar der Pianistin Clara Haskil, des Komikers Charly Chaplin und des Jahrhundertdirigenten Wilhelm Furtwängler. Bei einem Besuch Furtwänglers in seinem Atelier arbeitete Kokoschka gerade an dem monumentalen Thermopylen-Triptychon. Furtwängler war so beeindruckt, dass er Kokoschkas umgehend überredete, gemeinsam mit ihm Mozarts „Zauberflöte“ bei den Salzburger Festspielen zu realisieren.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Oskar Kokoschka, Papageno, Figurinen-Entwurf 1964, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg; Foto © Fondation Oskar Kokoschka / VG Bild-Kunst, Bonn 2022

Kokoschka ließ der Stoff auch nach den erfolgreichen Salzburger Aufführungen nicht los. Zehn Jahre später folgte seine zweite Auseinandersetzung damit am Opernhaus in Genf. Als Dokumente der Auseinandersetzung Kokoschkas mit Mozarts Meisterwerk sind zahlreiche Skizzen, Bühnenbildentwürfe sowie Figurinen erhalten geblieben. Im Mittelpunkt standen dabei die von Kokoschka selbst angeregte Reproduktion seines Bühnenvorhangs für die Genfer Inszenierung: ein großformatiges, spektakuläres Dokument der kongenialen Künstlerbeziehung zwischen Mozart und Kokoschka. Weiter zu sehen waren Goethes eigene Bühnenzeichnung der Königin der Nacht sowie Szenenentwürfe Karl Friedrich Schinkels. Die Ausstellung präsentierte Leihgaben u.a. aus dem Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg, dem Museum der Moderne, Salzburg, dem Goethe Nationalmuseum Weimar sowie aus Privatsammlungen.

 

Meininger Tageblatt vom 22. Juli 2022

 

--> Südthüringer Regionalfernsehen, 1. September 2022: Kokoschka - Grass - Nickel
Sehenswerte Sonderausstellungen in den Meininger Museen

Öffentliche Führungen mit Dr. Philipp Adlung, Direktor der Meininger Museen, an den Aufführungstagen der „Zauberflöte“ im Staatstheater Meiningen

Finissage mit Dr. Philipp Adlung, Direktor der Meininger Museen
3. Oktober, 11 bis 17 Uhr
Themenführungen (ca. 30 Min.) und Besuchergespräche
11 Uhr: „Mozarts Zauberflöte – Entstehung, Aufführung und Nachwirkung“  
12 Uhr: „Von Goethe zu Kokoschka – 200 Jahre Bühnengeschichte von Mozarts Zauberoper“
13 Uhr: „Oskar Kokoschka und die Musik“
15 Uhr: „Wolfgang Amadeus Mozart – ein Leben für das Musiktheater“

Welttheater und Weltgeschichte - Oskar Kokoschka, Mozart und die Zauberflöte

Von Dr. Philipp Adlung, Direktor der Meininger Museen

Der Philosoph und Kulturanthropologe Oswald Spengler nahm in seinem 1917 erschienen Werk „Der Untergang des Abendlandes“ den Versuch, Geschichte vorherzusagen, sie „zu berechnen“. Dazu vergleicht er Aufstieg und Vollendung inzwischen untergegangener Hochkulturen. Seine Vorhersage eines zeitnah zu erwartenden „Untergangs des Abendlandes“ hat sich – glücklicherweise – nicht bewahrheitet. Dass es aber Kultur sein kann, die Weltpolitik und Weltgeschichte schreiben kann, das zeigt die folgende Situation. Wir befinden uns im Jahr 1907 in Wien, der Stadt der Musik, Architektur und Kunst, ein Zentrum des blühenden Jugendstils, die Stadt Gustav Klimts, Richard Gerstls oder Gustav Mahlers. Wien ist auch Ziel junger Nachwuchskünstler oder solchen, die es werden wollen. An der Wiener Kunstakademie wird jedes Jahr ein Stipendium vergeben, dass als eine Art Eintrittskarte zu einer erfolgreichen künstlerischen Laufbahn gilt. Zwei Kandidaten kommen in die engere Auswahl: der 1886 in Niederösterreich geborene Oskar Kokoschka und – ein gewisser – Adolf Hitler. Die bekannte, weitere Weltgeschichte ist bekannt: „Leider habe ich das Stipendium erhalten, vielleicht wäre uns sonst ein Weltkrieg erspart geblieben“ so Oskar Kokoschka sechzig Jahre später lakonisch aber auch resignierend über diese Situation. Geschichte mag nicht vorhersehbar oder berechenbar sein. Aber dass künstlerische Entscheidungen auch zu – in diesem Falle verheerenden - weltpolitischen Wendungen führen können, dies dürfte dieses Beispiel zeigen. Denn Hitler tauschte seine erfolglose künstlerische Betätigung rasch mit der eines Politikers und Weltverderbers. Er sah sich aber zeitlebens als verkannter Künstler verwendete noch lange die Berufsangabe „Kunstmaler“.

Oskar Kokoschkas künstlerische Laufbahn nahm dagegen eine – von einigen Rückschlägen abgesehen - doch im Wesentlichen konsequente Entwicklung. Bereits 1907 wird er Mitarbeiter der Wiener Werkstätte. Vom damals vorherrschenden Jugendstil wendet er sich aber zunehmend ab und macht sich mit expressiven Portraits einen Namen. Ein wichtiger Förderer in Wien ist Adolf Loos. Eine toxische Beziehung zu Alma Mahler, der Witwe Gustav Mahlers, setzt ungeheure Energien frei und macht ihn schließlich zum anerkannten Künstler. Nach dem Scheitern dieser Beziehung meldet Kokoschka sich freiwillig zum Ersten Weltkrieg. In Kämpfen 1916 schwer verwundet, geht Kokoschka nach Dresden, wo er 1919 eine Professur an der Kunstakademie erhält. 1934 emigriert Kokoschka zunächst nach Prag, 1938 dann nach England, wo er bis 1953 lebt. Vom Nationalsozialismus wird er als „Entartester unter den Entarteten“ diffamiert, Hitler nennt ihn den „Kunstfeind Nr. 1“ (was sicher auch auf die eingangs erwähnte Rivalität an der Wiener Kunstakademie zurückzuführen ist). Mindestens 417 seiner Werke wurden im Rahmen der Aktion „Entartete Kunst“ aus deutschen Museen entfernt.

Neben Kunst und Musik interessiert Kokoschka sich früh für Literatur und Drama. Es entstehen Dichtungen, Dramen und Opernlibretti, darunter „Mörder Hoffnung der Frauen“ (vertont von Paul Hindemith), „Der brennende Dornbusch“ oder „Orpheus und Eurydike“ (Vertonung Ernst Krenek). Die besuchten Aufführungen in der Wiener Oper hinterlassen nachhaltige Eindrücke, besonders die von Gustav Mahler dirigierten Zyklen der Opern Richard Wagners und – 1906 zum 150. Geburtstag des Komponisten – Wolfgang Amadeus Mozarts.

Kokoschkas Freundschaft zum Dirigenten Wilhelm Furtwängler macht ihn schließlich 1954/55 zum Ausstatter für eine Produktion von Mozarts „Zauberflöte“ bei den Salzburger Festspielen. 1964/65 nimmt er sich erneut dieser Oper, diesmal für das Opernhaus in Genf an. Kokoschka entwarf großformatige Bühnenentwürfe von bildhafter Wirkung und zum Teil filmartiger Dynamik. Dabei verwendete er phosphoreszierende Farben, die den Charakter der Zeichnungen auf die Bühnen brachten. Die in der Meininger Ausstellung präsentierten Entwürfe für Bühne und Kostüme zeigen dabei als besondere Charakteristika, eine barocke Naturhaftigkeit, Grazie und Komik. Sie sind Ausdruck einer Mozarts Musik spiegelnde, ins Phantastische gewendete Lebendigkeit, die Kokoschka an der „Zauberflöte“ besonders liebte.

Kokoschkas „Ausflug“ in die Welt des Musiktheaters blieb kein Einzelfall:  1963 stattet er in Florenz Verdis „Un ballo in maschera“ aus, Pläne für einen „Fidelio“ in Salzburg und „Oberon“ in Köln werden hingegen nicht mehr umgesetzt.

Die Ausstellung „Oskar Kokoschka und Mozarts Zauberflöte“ kann auf die Sammlungen im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg sowie dem Museum der Moderne Salzburg zurückgreifen. Als „Highlight“ dürfen Bühnenentwürfe von Johann Wolfgang von Goethe und Karl Friedruch Schinkel gelten, sozusagen als frühe Dokumente einer über 200-jährigen Bühnenrezeption zu Mozarts „Zauberoper“.

Die Ausstellung „Oskar Kokoschka und Mozarts Zauberflöte“ bildet den Auftakt einer in loser Folge geplanten Ausstellungsserie zum Thema „Welttheater“; dies im interdisziplinären Kontext der Meininger Museen. Als weitere Folge für 2024 in Vorbereitung: „Werner Tübkes Welttheater – Bühnenarbeiten zum Freischütz“.

„Oskar Kokoschka und Mozarts Zauberflöte, Ausstellung in Schloss Elisabethenburg, Meiningen (bis 03. Oktober 2022), Di-So 10-18 Uhr; freier Eintritt für Besucher der Neuinszenierung „Die Zauberflöte“ im Staatstheater Meiningen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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