Zur lokalen NavigationZum Inhalt
Telefon: 03693 50 36 41 Suche:

01.03.2021

Sophie Morgenroth – Carl Nacke: Porzellanplastik „Die Schlangenbändigerin“

Versteckt in einer Fensternische des Jugendstilraums im Schloss Elisabethenburg, umgeben von Möbeln, Leinwänden und Licht, ruht eines der schönsten Objekte in der Dauerausstellung der Meininger Museen. Dabei handelt es sich nicht um ein farbenprächtiges Gemälde, einen historischen Altar oder einen bedeutsamen Teppich, sondern um eine schlichte Porzellanplastik: die Schlangenbändigerin von Carl Nacke. 

Selbst den Stammbesuchern unseres Hauses mag sie bisher weniger ins Auge gefallen sein – wirkt sie für das vom Überfluss der Gemäldegalerien verwöhnte Auge fast etwas nüchtern. Mit ihrer reinweißen Oberfläche steht sie im starken Kontrast zum sie umgebenen Raum. Vom Licht umschmeichelt, zeichnen sich Bauch- und Rückenmuskulatur, Brust und Gesicht ab. In der gestreckten Position verweilend, einer Bogenschützin gleich, strahlt sie trotz ihrer einfachen Beschaffenheit eine besondere Kraft aus. Ohne dabei jedoch ihre weibliche Eleganz zu verlieren – eine stille Schönheit.

Der Entwurf für diese Schönheit entstand in den 1910er Jahren und damit in einer Zeit der künstlerischen Neuorientierung: Dem verspielten, stark von floralen und geschwungenen Elementen geprägten Jugendstil begann man Klarheit und Geradlinigkeit entgegenzusetzen. Daraus entstanden konträre Stilrichtungen wie der Bauhaus-Stil. Nicht ganz so gegensätzlich war der Art déco. Ist dieser zwar stärker von Geradlinigkeit geprägt als der Jugendstil, kommen in ihm trotzdem, wenn auch stilisiert, florale Formen und geschwungene Linien zum Tragen. Elemente dieser beiden Stile lassen sich auch in Nackes Plastik erkennen: Die gestreckte, klare Haltung des nackten Körpers steht im Kontrast zur verschlungenen Bewegung der Schlange. Das in gleichmäßigen Wellen liegende Haar wird von einem Kopfschmuck verziert, der dem Art déco typischen Fächermuster ähnelt.

Ich selbst bemerkte die Plastik erst einige Monate nachdem ich 2019 die Stelle als Mitarbeiterin für das Bild-und Fotoarchiv sowie die Magazinverwaltung in den Meininger Museen antrat. Da sich die Magazine des Hauses in den unteren Räumlichkeiten befinden, führt mich meine tägliche Arbeit selten in die Dauerausstellung. Und wenn ich mich in den Ausstellungsräumen befinde, gibt es meist einen Fotoauftrag zu erfüllen oder eine Sonderausstellung vorzubereiten, so dass kaum Zeit für das „Flanieren“ bleibt. Daher dauerte es einige Zeit, bis diese kühle Grazie meine Aufmerksamkeit erregte. Heute schaue ich gern bei ihr vorbei, wenn es mich in diesen Teil des Schlosses verschlägt. Dabei fasziniert mich immer wieder, wie Carl Nacke die Schönheit des unverhüllten weiblichen Körpers eingefangen hat ohne dass dieser obszön wirkt und wie das unterschiedliche Licht der Tages- und Jahreszeiten neue Details zum Vorschein bringt. Und so wartet sie im Wechsel der Zeiten auf ein offenes Auge, das in all dem Überfluss ihrer kühlen, schlichten Eleganz gewahr wird.

Zurück zu den Artikeln -->
 

 

04.03.2021

Jens Brautschek – Historische Schützenscheibe

Aufgewachsen bin ich im Thüringer Vogtland. Als ausgebildeter Museologe kam ich 2010 ins Museum nach Meiningen. Zunächst als Depotverwalter für den Bereich Kunst, bin ich seit 2017 auch für die Regionalgeschichte zuständig.

Kaum ein Depot kann dabei eine solche Vielfalt und Verschiedenartigkeit aufweisen wie das der Regionalgeschichte. Ob ein altes Foto von Bad Liebenstein, ein Wimpel der Grenztruppen, eine entschärfte Weltkriegsbombe, Meininger Klassenfotos oder eine Bügelverschlussflasche der Meininger Brauereien, die als Zeugnis für eine über ganze Familiengenerationen hinweg gepflegte Brautradition unserer Stadt steht: In diesem Depot liegen (fast) 1000 Jahre Stadtgeschichte. Nicht alles erschließt sich auf den ersten Blick, nicht jede Geschichte ist wichtig oder bedeutsam, nicht selten jedoch sind es die einzigen Objekte, die von wichtigen Ereignissen übrigblieben. Diese Einzelstücke zusammenzuführen und hierbei den roten Faden zu finden und zu halten, der am Ende vielleicht nicht alles, aber doch Einiges zusammenhält und dies in einer Ausstellung anderen Menschen zu präsentieren, empfinde ich als besonders reizvoll.  Diese Schützenscheibe zur verheerenden Inflation 1923 zeigt den Tod hoch zu Ross mit einer Lanze in französischer Reiteruniform, davor eine völlig verarmte Arbeiter-/Bauernfamilie am Ende Ihrer Kräfte. Kreisförmig umschlossen wird dieses Bild von den steigenden Preisen verschiedener Gebrauchsgüter, u.a. Zucker, Kohlen oder auch dem Briefporto der Monate Januar, Juni und Dezember 1923. Die Scheibe wurde entgegen ihrem Zweck nicht „beschossen“, sondern wie an Gebrauchsspuren auf der Rückseite deutlich zu erkennen ist, als Tischplatte zweckentfremdet.

Die enormen Kriegskosten und Reparationszahlungen bewirkten bereits nach der Niederlage im 1. Weltkrieg, dass die Deutsche Mark 1920 nur noch ein Zehntel ihres Wertes gegenüber des US-Dollars besaß. Der weltweite Konjunktureinbruch der Folgejahre entwertete die Lohnarbeit darauf folgend noch stärker. Eine mit der Ruhrbesetzung ungebremst einsetzende stattliche Geldvermehrung löste in den Spätmonaten des Jahres 1922 die Hyperinflation aus, welche erst Ende 1923 mit einer Währungsreform wieder spürbar abnahm. Sie gehört bis heute zu den Traumata der Weimar Republik, verloren doch Familien der Unter- und Mittelschicht fast sämtliche Ersparnisse. Oft waren sie nun auf staatliche Unterstützung angewiesen, ihr Glaube in die Republik war und blieb erschüttert. Inflationsgewinner blieben dagegen die Grundstückseigentümer und Kreditnehmer. Sie wurden durch den Wertverlust regelrecht „entschuldet“.

Für mich als Mitarbeiter der Regionalgeschichte steht dieses Objekt geradezu exemplarisch dafür, wie sich „große“ Weltgeschichte unmittelbar auf die Menschen unserer Region auswirkte und zieht damit auch Parallelen in unsere heutige Zeit hinein. Die versinnbildlichte Dramatisierung der Geschehnisse durch die hungernde Familie in der Bildmitte ist zwar überhöht, aber keineswegs unreal gewesen. Sie deutete an, dass auch in unserer Gegend Gemeinschaften und einzelne Menschen alle materielle Sicherheit verloren – ja, vor nicht einmal 100 Jahren oder drei Generationen – an den Kriegsfolgen, an von Profitgier verursachtem Elend, Krankheiten und Hunger gestorben waren. Zudem ist die Schießscheibe ein exemplarisches Objekt für die Propaganda jener Zeit, denn obwohl oder gerade weil so viele Menschen in eine solch große existenzielle Notlage gerieten, mussten Schuldige außerhalb der eigenen Reihen gefunden werden. Hier als Skelett im französischen Soldatenmantel dargestellt, warf das Motiv bereits seine Schatten in die Zukunft voraus und verwies darauf, dass man mit „den Franzosen noch eine Rechnung offen“ hatte.

Zurück zu den Artikeln -->

 

08.03.2021

Florian Beck – Gedenkmedaille für Josef Kainz

Florian Beck, ich arbeite seit dem 01. April 2016 in den Meininger Museen. In den ersten beiden Jahren war als wissenschaftlicher Volontär im Bereich Theatergeschichte angestellt, seit 2018 bin ich als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der gleichen Fachabteilung tätig. In unserem Fachbereich kümmere ich mich zusammen mit Volker Kern um die vielgestaltige Meininger Theatergeschichte. Einer der wichtigsten Bereiche ist natürlich die Zeit unter Georg II., allerdings widmen wir uns auch verstärkt anderen Epochen der Geschichte des Meininger Theaters. Besonders interessiere ich mich für die Rezeption der Meininger in Deutschland und Europa, für den Expressionismus am Meininger Theater und das Theater der 50er und 60er Jahre. Zu meinen Aufgaben gehören das Konzipieren von Ausstellungen, meist in Zusammenhang mit Vortragstätigkeiten, die Erweiterung unserer Sammlung oder auch das Publizieren. Darüber hinaus finde ich die Zusammenarbeit mit dem Meininger Staatstheater für ganz verschiedene Projekte sehr spannend.  

Auf den ersten Blick ist mein Lieblingsobjekt recht unscheinbar, es handelt sich um eine Gedenkmedaille für Josef Kainz, die Zurzeit ihr Dasein in unserem Depot fristet. Da sich mein Arbeitsplatz im Theatermuseum befindet, komme ich nur dann an meinem Lieblingsobjekt vorbei, wenn ich im unserem Depot arbeitet. Die Vorderseite der Medaille zeigt ein nach rechts schauendes, streng gescheiteltes Kopfprofil des österreichischen Schauspielers Josef Kainz. Am linken Rand ist der Vorname des Künstlers zu lesen, aufgrund der besseren Lesbarkeit und wurde das "J" durch ein "I" ersetzt: IOSEF. Am rechten Rand der Medaille steht der Nachnahme: KAINZ. Der Schriftzug des Medailleurs HOFNER befindet sich zentral, am unteren Ende der Vorderseite. Die Rückseite ziert ein kniender, nach links gewandter und nach unten schauender Jüngling. Beide Hände sind auf eine brennende, nach unten gerichtete Fackel gestützt. Der Jüngling mit gesenkter Fackel stellt seit der griechischen Antike eine Personifikation des Todes dar. Die gegenteilige Personifikation, den Jüngling mit brennender, erhobener Fackel, kennen wir ebenfalls seit der griechischen Antike als Allegorie des Lebens. Das Todesdatum Josef Kainz‘ rahmt die Figur links: 20 SEPT und rechts: 1910 ein. Am unteren rechten Ende finden wir wiederum das Signet des Künstlers, diesmal kleiner als auf der Vorderseite und mit dem Anfangsbuchstaben des Vornamens versehen O HOFNER.     

Aus zwei Gründen hat dieses Objekt einen ganz besonderen Stellenwert in unserer Sammlung:

1.    Diese Erinnerungsmedaille zeigt wahrscheinlich den wichtigsten „Exportschlager“ des hiesigen Hoftheaters. Josef Kainz war der prägendste Schauspieler seiner Generation, er brillierte in klassischen Dramen im Fach des ersten Helden bzw. des jugendlichen Liebhabers. Seine frühe Karriere führte ihn nach Meiningen, hier gab er auf Gastspielen  u.a. dem Prinzen von Homburg, dem Florizel (Das Wintermärchen) und dem Kosinsky (Die Räuber) eine psychologisch-sublime und somit moderne Charaktergestaltung, die den aufkommenden Bühnennaturalismus bereits antizipierte. Über das Hof- und Nationaltheater München (u.a. Separatvorstellungen für König Ludwig II.) und das Deutsche Theater in Berlin führte ihn sein Weg dann weiter nach Wien an das Burgtheater. Doch die Karriere war nicht nur durch Erfolg bestimmt. Nach einem Kontraktbruch gegenüber Ludwig Barnays „Berliner Theater“ musste er durch diverse Vorstadttheater und Amüsierlokale tingeln. Aber auch ausländische Bühnen standen auf dem Reiseprogramm so z. B. verschiedene Theater in St. Petersburg, New York und Chicago, immer begleitet von Freund und Landsmann Gustav Kober. 1899 sollte Kainz dann eben jene Spielstätte finden, die er bis zu seinem Tode nicht mehr verlassen hat: das Wiener Burgtheater. Seine Rollen hier waren u.a. der Hamlet, Richard III., Tasso und Oswald Alving (Gespenster). Josef Kainz starb am 20. September 1910 an einer Darmkrebserkrankung in Wien.

2.    Diese Medaille, erinnert an einen Schauspieler, der seinen großen Erfolg letztendlich einem monarchistisch geführten System zu verdanken hat, dem Hoftheater. Otto Hofner wiederum ist einer der bekanntesten und berühmtesten Künstler des „Roten Wiens“, also jener Zeit zwischen 1918 und 1934, in der Wien permanent durch die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (heute SPÖ) regiert wurde. Hofner stand bereits vor dem Jahr 1918 der Arbeiterschaft und der Sozialdemokratie nahe, dies hinderte ihn allerdings nicht daran, eine Gedenkmedaille für eben jenen Josef Kainz anzufertigen, der wie oben beschrieben, das „Produkt“ eines Systems war, welches diametral zur Sozialdemokratie steht.

Somit ist für mich dieses kleine, auf den ersten Blick unscheinbare Objekt ein ganz Besonderes, da es wie in einem Brennglas das gesellschaftliche und somit barriereüberwindende Potenzial der Kunst manifestiert. 

Zurück zu den Artikeln -->

 

11.03.2021

Dr. Andreas Seifert – Silberner Tafelaufsatz mit Zlatorog-Motiven

Ein ständiges und einziges Lieblingsobjekt in unseren Ausstellungen habe ich eigentlich nicht. In der Ausstellung mittelalterlicher Kunst zum Beispiel beeindruckte mich eine schlichte Holzschnitzerei, die einen müden Christus in der Einsamkeit zeigt. In der musikgeschichtlichen Abteilung muss ich noch heute schelmisch schmunzeln, wenn ich an Regers Hausorgel vorbeikomme. Auf der hatte ich nämlich vor etwa vierzig Jahren –ich war damals Volontär – nachts heimlich gespielt. Meine Lieblingsobjekte in der literaturgeschichtlichen Sammlung, für die ich zuständig bin, haben oft mit den Beziehungen Rudolf Baumbachs zu den Alpenländern Italien, Österreich und Slowenien zu tun. Das mag daran liegen, dass ich bis zur Grenzöffnung 1989 den Besuchern des Baumbachhauses von Landstrichen und Orten erzählte, die ich selbst nicht kannte, die mir damals unerreichbar waren. Nach 1990 führten mich dann Reisen auf den Spuren meines „Altarbeitgebers“ in all diese Gegenden: in die Steiermark und nach Kärnten, in die Julischen Alpen und nach Triest.

Zu den Ausstellungsstücken im Baumbachhaus, die mit Rudolf Baumbachs Leben und Schreiben im alpinen Raum verbunden sind, gehört auch ein 50 Zentimeter hoher silberner Tafelaufsatz mit vergoldeten Teilbereichen und einem Steinbesatz von 29 ungeschliffenen Malachiten. Das kunsthandwerkliche Meisterstück wurde 1889 in München gefertigt und zeigt Motive und Personen aus Baumbachs Alpenepos „Zlatorog“. Mit diesem Werk  begründete der Dichter im Jahr 1877 seine literarische Laufbahn. Erschienen war das Versepos bei dem Leipziger Verleger Felix Liebeskind. Diesem brachte die Dichtung ein Vermögen, dem Verfasser über elf Jahre nur 600 Goldmark ein. Erst 1889 wendete sich das Blatt und Herr Liebeskind wurde spendabel. Der Hintergrund: Rudolf Baumbach war mittlerweile ein Erfolgsautor geworden, um den sich die Verleger rissen. Aus Angst, seinen Goldesel zu verlieren, änderte Liebeskind nun die Vertragsbedingungen zu Gunsten des Dichters. Doch damit nicht genug. Anlässlich der 50. Auflage des „Zlatorog“ erhielt Baumbach von Liebeskind zudem jenen prachtvollen Tafelaufsatz aus Silber. Diesen Wandel im Geschäftsgebaren seines Verlegers teilte der Dichter umgehend einem Freunde mit: Liebeskind hat mir einen prachtvollen Tafelaufsatz verehrt und sich “Ihren dankbaren Verleger” bei der Ueberreichung genannt. – Es geschehen Zeichen und Wunder.

Der silberne Sachzeuge eines schlechten Unternehmergewissens befindet sich heute in der ständigen Ausstellung des Meininger Literaturmuseums Baumbachhaus. Seit einiger Zeit wird er auch im Digitalen Landesmuseum Thüringen vorgestellt. Bei Führungen durch das Baumbachhaus bietet sich dieses Objekt nicht nur wegen des kunsthandwerklichen Niveaus der Ausführung zum Verweilen an. Da der Tafelaufsatz die Hauptpersonen der Dichtung (Trentajäger, Špela, Jerica und zwei Naturgöttinnen) zeigt und zudem ein zum Füllhorn umfunktionierter Gamskrickel den Grundkonflikt andeutet (Reichtum oder Leben, Ausbeutung der Natur), lässt sich vor ihm dem Besucher die Handlung von Baumbachs Erfolgsdichtung anschaulich erzählen. Verschiedensprachige Ausgaben des „Zlatorog“ (Goldhorn) in Nachbarschaft des Tafelaufsatzes künden zudem vom internationalen Erfolg des Epos.

Im Literaturmuseum Baumbachhaus arbeite ich seit 1984. Zu meinen Aufgaben gehören neben der Öffentlichkeitsarbeit (Besucherbetreuung, Führungen, Vorträge und weitere Veranstaltungen, Publizistik, Ausstellungen) die Pflege und Erforschung der literaturgeschichtlichen Sammlung. Mein Wohnort ist Einhausen.

Zurück zu den Artikeln -->

 

15.03.2021

Klaus-Dieter Götz – Carl-Wagner-Raum in der Mittleren Galerie von Schloss Elisabethenburg

Als naturverbundener Mensch sehe ich mir schon immer gern Werke der romantischen Landschaftsmalerei an.  Die Meininger Museen besitzen einige Gemälde des Malers Carl Wagner, welche in einem Ausstellungsraum in der Mittleren Galerie von Schloss Elisabethenburg gezeigt werden. Zu sehen sind hier vor allem Landschaften aus unserer thüringischen Heimat, wie „Die Osterburg bei Weida“, „Burgruine Liebenstein“, „Blick auf Meiningen“ usw. Das Gemälde „Landschaft mit der Henneburg“ ist dabei mein Lieblingsobjekt. Bei Ausflügen mit dem Fahrrad bin ich oft in dieser Gegend unterwegs. Wenn man heute vom gleichen Standpunkt aus nach Henneberg schaut, bietet sich fast der gleiche Anblick wie vor mehr als 180 Jahren.

Ich komme bei meinen Kontrollgängen durch das Museum täglich mindestens einmal im Carl-Wagner-Raum vorbei und nehme mir hin und wieder die Zeit für einen Blick auf die gezeigten Gemälde.

Seit 2005 bin ich als Mitarbeiter für Technik und Sicherheit in den Meininger Museen beschäftigt. Ich bin verantwortlich für die Aufrechterhaltung der Funktion sämtlicher gebäude- und sicherheitstechnischer Anlagen der Meininger Museen, die Erarbeitung und Umsetzung von technischen Installationen für neue Ausstellungsprojekte, die Planung und teilweise Umsetzung baulicher Maßnahmen, welche im Verantwortungsbereich der Meininger Museen liegen, die Logistik bei Ausstellungsaufbau und –abbau, die technische Absicherung von Museumsveranstaltungen usw.
Ich wohne in Albrechts bei Suhl.

Zurück zu den Artikeln -->

 

17.03.2021

Marion Adam – Adelheidmemorial

Das Schloss birgt so viele Schätze, dass es kaum möglich ist, ein Lieblingsobjekt zu küren. Die verschiedenen Sammlungen bieten ein wahrlich breites Feld für meine Tätigkeit als Restauratorin, so dass ich im Laufe der Jahre mit und an vielen Sachzeugen und Kunstgegenständen gearbeitet habe. Es gibt kaum einen Raum, in dem ich nicht „Zwiesprache“ mit diesen Dingen halten kann. Bei Rundgängen durchs Schloss verweile ich aber besonders gern im „Blauen Cabinet“. So wurde das südwestliche Eckzimmer im 2. Obergeschoss vom frühen 19. Jh. bis in dessen 80er Jahre bezeichnet. Heute trägt es nach einer umfassenden Raumrestaurierung und der Wiedereröffnung 2002 den Beinamen „Memorialstätte der Prinzessin Adelheid von Sachsen-Meiningen“. Die Restaurierung basierte auf Befunduntersuchungen der Zeit um 1840, als Bernhard II. die Wohnsuite für seine Gemahlin Marie umgestalten ließ. Das Interieur wurde begleitend ausgewählt.
In vielerlei Hinsicht ist dieser Ort etwas Besonderes für mich:
-    die zeitliche Epoche, die hier für einen Teil der Baugeschichte des Schlosses, aber auch der Geschichte der herzoglichen Familie steht,
-    die fachlichen Aspekte der Raumrestaurierung und deren Umsetzung,
-    das Mitwirken an Restaurierungsarbeiten der räumlichen Ausstattung wie dem großen weißvergoldeten Wandspiegel oder dem Kronleuchter,
-    die Eckraumsituation mit den herrlichen Ausblicken in den Schlosspark
und nicht zuletzt die Anwesenheit von Königin Adelheid, die hier bei Besuchen ihres Bruders Bernhard und ihrer Schwägerin Marie verweilt haben könnte. Aber das ist eine andere Geschichte…

Meine Geschichte als Restauratorin beginnt 1981 hier im Schloss. Ich finde meine Arbeit und den Arbeitsort wirklich sehr spannend. Mein Arbeitsweg führt von Bad Salzungen nach Meiningen, oft durch den Englischen Garten, was ich als schöne Zugabe werte. Der große Sammlungsbestand der Museen mit verschiedenen Sach- und Materialgruppen will bewahrt und erhalten werden. Das ist eine sehr umfassende Aufgabe auch für mich als Restauratorin.

Die Überwachung der klimatischen und lichttechnischen Bedingungen in den Ausstellungsräumen und Depots gehört ebenso dazu wie das Begleiten von Verpackungs- und Transportarbeiten bei Leihgaben. Auch am Auf- und Abbau von Ausstellungen bin ich beteiligt, um z.B. für die objektgerechte Präsentation zu sorgen. Dazu wird vorher die Musealie auf ihre Ausstellungsfähigkeit geprüft und wenn nötig konservatorisch oder restauratorisch bearbeitet. Es wird eine Dokumentation erstellt, aus der alle Daten (wie Alter, Herkunft, Maße, Vorzustand etc.) ablesbar sind und alle durchgeführten Untersuchungen und Behandlungsschritte in Wort und Bild festgehalten werden. Bei Leihersuchen wird in ähnlicher Weise ein Zustandsprotokoll erstellt. So erhalten diese Sammlungsstücke eine Art Biografie, speziell über ihren Zustand und meine geleistete Arbeit daran, ihre Objektgeschichte bleibt auch in der Zukunft erlebbar. Vor allem, wenn sie sich in den Kontext der Ausstellungen einfügen…  

Bilder:
Gelegentlich ist Marion Adam bei Museumsveranstaltungen auch selbst in die Rolle der Königin Adelheid geschlüpft. Auf dem Foto wird sie gerade mit der Kutsche abgeholt auf dem Weg zum Besuch der Kinderstadt Tiberanda im August 2017.

Zurück zu den Artikeln -->

 

22.03.2021

Dr. Maren Goltz – Ibach-Flügel im Marmorsaal

Das Schloss birgt so viele Schätze, dass es kaum Ein Museumsobjekt, das jede*r berühren darf? Es zum Klingen bringt und so Vergangenheit mit Gegenwart, Interpret*in mit Publikum verbindet? Ja, so ein besonderes Objekt gibt es in den Meininger Museen! Und deshalb mag ich den Flügel im Marmorsaal von Schloss Elisabethenburg besonders. Wenn er erklingt, schlagen die Herzen von Musikliebhaber*innen schon mal höher. Kinder und Jugendliche zaubern damit Seligkeit in die Gesichter von Angehörigen und Freund*innen, alljährlich zum KunstHandwerkerMarkt. Profis brillieren mit seiner Hilfe in Proben und Konzerten. So wie im vergangenen Sommer die Pianistin Naoko Christ-Kato in der Gedenkstunde für Günter Raphael, mit dem Bürgermeister Fabian Giesder, Raphaels Tochter Dagmar Pieschacón und 60 Gästen.

Gebaut wurde der Flügel vor über 100 Jahren von der Firma Ibach im westfälischen Wuppertal. Zwar darf sich die Firma dank der Bestellungen Herzog Georgs II. von Sachsen-Meiningen mit dem Prädikat eines Herzoglichen Hoflieferanten schmücken. Doch gehört hat ihm dieser spezielle Flügel nie. In der tief schwarzen Politur spiegelt sich die abenteuerliche Geschichte anderer Akteure. Da ist der Komponist Max Reger, der den Konzertflügel in die neue Wohnung im Jenaer Westen geliefert bekommt 1914. Dankbar über die großzügige Geste „seines“ Klavierbauers. Denn der nach einem Burnout erschöpfte Workaholiker muss sich um nichts kümmern bei seinem Wegzug aus Meiningen 1914. Seine alten Instrumente werden abgeholt in der Marienstraße. Neue werden dafür in Jena-West ausgeladen, in der Beethovenstraße. Nagelneu ist das Modell „Richard Wagner“ damals, das wie jedes erstklassige Produkt der Firma nummeriert ist. Nach dem frühen Tod des Pianisten erreicht die ambitionierte Witwe Elsa gemeinsam mit Gleichgesinnten, dass das Prachtstück bleibt. Und in den Bestand des Max-Reger-Archivs eingeht, das sie 1920 gründet, als Dauerleihgabe. 1922 schenkt Witwe Elsa das Archiv dem Land Thüringen. Das Archiv zieht ins Weimarer Schloss um, kriegsbedingt wird es evakuiert.

Nach Kriegsende lässt der ehrgeizige Meininger Musikarchivar Güntzel Nerven, um den Flügel zurück in das Archiv zu holen, das seit 1946/47 im Meininger Schloss beheimatet ist. Heiß begehrt ist das in tadellosem Zustand befindliche Instrument, dessen abgrundtiefes Subkontra-A 86 Tasten entfernt ist vom allerhöchsten C. So etwas gibt man nicht so einfach weg. Die anstrengenden Verhandlungen ziehen sich über fünf Jahre. Mehrfach ist der Archivar nur einen Fingerbreit entfernt vom Erfolg. Und dann. Wieder nichts. Bis nach ganz oben wendet er sich. Sogar die Ministerin für Volksbildung stimmt zu, dass der Flügel aus Weimar abgeholt werden kann im Oktober 1950. Doch einen Tag zuvor informiert ein Telegramm, dass die Transaktion erneut scheitert. Der Grund scheint unglaublich. Nicht auffindbar sei der Flügel. Dies ist der Moment, an dem der Weimarer Musikhochschul-Direktor erst einmal einen Ersatz fordert. Obwohl er angeblich nicht weiß, wo der gesuchte Flügel steht. Es stellt sich heraus. Geparkt ist das Instrument seit einiger Zeit im Heim für den sozialistischen Nachwuchs in Tabarz, 70 km westlich von Weimar. Im Frühjahr 1952 ist es endlich soweit. Der Flügel wird aus Weimar nach Meiningen transportiert. Doch nach all den Strapazen traut der Musikarchivar dem Frieden nicht. Und bezweifelt auf Grund der Gebrauchsspuren seine Identität. 40 Jahre vergehen, bis die Echtheit von Regers Ibach zweifelsfrei bewiesen wird.

Apropos Modell „Richard Wagner“. Im Herbst 2019 bot der Komponist Rudolf Hild auf dem Ibach einen augenzwinkernden Schnelldurchlauf durch das Gesamtwerk Richard Wagners, zur Ausstellungseröffnung von „20 Jahre Wagnis Wagner“. Mit Staffelstabübergabe von Rienzi an Fliegender Holländer, Tannhäuser, Lohengrin, Tristan, bis zum Zieleinlauf der Meistersinger. Köstlich.

Zurück zu den Artikeln -->

 

25.03.2021

Siegmund Arnold - Gotisches Fenster von der Ruine Henneberg

Über mein „Lieblingsobjekt“ musste ich erst länger nachdenken. Denn als Magazinverwalter der Meininger Museen bin ich auch für viele Kunsttransporte für Sonderausstellungen zuständig. Dadurch komme ich mit vielen Leihgebern in Kontakt, und jedes „geborgte Kind“ ist eigentlich mein Lieblingsobjekt.

Aber dann fiel mir die für mich besondere Bedeutung der Burgruine Henneberg ein. Schon in meiner Heimatstadt Dresden begegnete ich immer wieder dem Wappen der schwarzen Henne auf dem grünen Berg, so am Fürstenzug oder am Langen Gang des Residenzschlosses. Besucht habe ich die Ruine schon bevor ich auch nur ahnte, dass ich einmal in Meiningen arbeiten und leben würde: 1994 auf der Rückfahrt aus Nürnberg, wo ich gerade ein mehrwöchiges Praktikum absolviert hatte. Damals bezauberte mich einerseits die schöne landschaftliche Lage und wirkte andererseits die Nähe der noch immer sichtbaren innerdeutschen Grenzanlagen sehr beklemmend.

Inzwischen habe ich einiges über die Burg Henneberg gelesen und erfahren, dass sich der hölzerne Fensterrahmen vermauert bis 1992 in der Westwand des Gebäudes befand. Heute ist er Teil der Mittelalterdauerausstellung der Meininger Museen. Er ist aus Tannenholz gearbeitet und datiert anhand der dendrochronologischen Befunde auf das Jahr 1295 und war Teil einer Holzstube. Bei dieser handelt es sich um eine der ältesten ihrer Art auf Burgen im deutschsprachigen Raum.

Als Museumsobjekt kenne ich das Fenster seit 1998 und darf es von Zeit zu Zeit „besuchen“, wenn ich auf der Etage dienstlich etwas zu erledigen habe. In der Meininger Mittelalterausstellung gehört die Musealie nicht zu den großen Kunstwerken. Sie ist eher klein, nur gut 70 cm hoch und etwas mehr als 50 cm breit. Der spitzbogische Fensterausschnitt ist entsprechend noch kleiner (41 cm hoch x 23 cm breit). Das mussten diese auch in der Zeit sein, denn Glas war in profanen Bauten wie dieser Grafenburg noch unüblich. Die Öffnung wurde mit Tierhäuten verschlossen. Außerdem besitzt der Rahmen im Inneren einen auffälligen Falz, in den im Winter ein Fensterladen vom Raum aus hinein gepresst wurde.

Wenn die Museen endlich wieder öffnen dürfen, ist „mein Liebling“ in der ersten Museumsetage auf dem Weg zur Schlosskirche in der vierten Fensternische auf der Hofseite der Mittelalterausstellung zwischen einer gotischen Schnitzplastik „Muttergottes“ und der ebenfalls gotischen Tafelmalerei „Jüngstes Gericht“ zu finden.

Zur Grafik:
Herrmann Krabbes: Ruine Henneberg
Ansicht der Westwand an der die Holzstube angebaut war
Farblithographie undatiert (19. Jahrhundert)
Besitz der Meininger Museen


Zurück zu den Artikeln -->

 

29.03.2021

Axel Wirth – Schloss Elisabethenburg, Treppenhaus

Mich beeindrucken insbesondere die Museumsobjekte, die einen direkten Bezug zur Geschichte Meiningens haben und die Gebäude, in denen die Museen ihre Sammlungen den Gästen präsentieren. Als ein Lieblingsobjekt möchte ich den Raum bezeichnen, über den die Besuchenden in die Museumsräume und in das Museumscafé gelangen – das barocke Haupttreppenhaus von Schloss Elisabethenburg.

Schloss Elisabethenburg ist eine städtebauliche Dominate Meiningens. Es entstand ab 1682, und wurde im Grunde nie fertig gestellt. Das Treppenhaus ist ein spektakuläres Bauwerkselement aus der Entstehungsphase. Vorübergehend gab es, ab 1697, einen Uhrturm über dem Hessensaal als Bekrönung des Treppenhausrisalits. Die sich hier ergebende vertikale Gebäudeachse gilt als eine nahezu einzigartige Architekturbesonderheit des Meininger Schlosses. Sie verlief ursprünglich über ca. 28 Meter vom Erdgeschoss über alle Etagen durch das Treppenhaus, weiter über das runde Treppenhausauge im Fußboden des Hessensaals sowie dessen Deckenöffnung in einen früher darüber liegenden weiteren Saal und die Kuppel des Uhrturms. Zirka 20 Meter dieser Vertikalachse kann man über das sehr großzügig angelegte rechtsumlaufend gewendelte repräsentative barocke Treppenhaus mit 2,5 Metern Stufenbreite begehen. Den weiterführenden Blick durch das Treppenhausauge in den Hessensaal und den dortigen Kuppelansatz gibt es noch heute.

Das Treppenhaus bietet durch seine Form und Gestaltung mit großräumigen Durchblicken eine repräsentative Bühne für alles, was dort geschieht. Es bot somit seit seiner barocken Entstehungsphase einen idealen Ort für ein festliches Empfangszeremoniell. Noch heute werden die Mitarbeitenden wie auch die Besuchenden bei jedem Besuch des Museums im Schloss Elisabethenburg an diesem Ort sozusagen begrüßt.

Ich selbst bin nahezu täglich dort, kenne diesen Raum seit meiner Kindheit. Immer wieder war ich hier, als Besucher des Museums oder des Museumscafés oder auf dem Weg ins Büro. Als Bauarbeiter habe ich viele Lasten dort hinaufgetragen. Tausenden Gästen habe ich diesen Ort begeistert gezeigt. Permanente Gelenkschmerzen lassen es mich heute sehr schätzen, dass es nahe dem Treppenhaus einen Personenaufzug gibt. Eine Reinigung oder Renovierung dieses Architekturjuwels würde ich sehr begrüßen.

Zu den Meininger Museen kam ich im Jahr 2007. Als Mitarbeiter für Öffentlichkeitsarbeit und Museumspädagogik habe ich mit vielen Themenfeldern der Museen zu tun. Die Redaktion für die jährlichen Veranstaltungsprogramme, viele Webeaushänge, die Internetseiten und Medieninformation der Museen gehört ebenso zu meinen Aufgaben wie die Betreuung von Vermittlungsprojekten zu den Ausstellungen und Sammlungen. Ich führe die Korrespondenzen mit Besuchenden und treffe immer wieder auch unsere Gäste bei Führungen und anderen Veranstaltungen. Wichtig ist mir der Informationsaustausch in Marketingkooperationen wie im Rahmen der „Schatzkammer Thüringen“ sowie der „Europaroute Historische Theater“, ebenso in der Arbeitsgruppe der Museumspädagogen im Museumsverband Thüringen. Zuhause bin ich in meiner Geburtsstadt Meiningen.  Vor meiner Zeit bei den Meininger Museen habe ich verschiedene Tätigkeiten auf den Gebieten Denkmalpflege, Journalismus, Kultur und Tourismus ausgeübt.

Zurück zu den Artikeln -->

 

01.04.2021

Jana Hössner – Herzogliches Bad

Als Verwaltungsleiterin der Meininger Museen bin ich nicht unmittelbar mit unseren großen Sammlungsbeständen in Kontakt. Für mich haben hier alle vorhandenen Objekte den gleichen Stellenwert, ein besonderer Favorit befindet sich darunter eigentlich nicht. Da meine Tätigkeit hauptsächlich die Finanzführung des Museums umfasst, kommen alle Vorgänge, deren Realisierung ein finanzieller Einsatz notwendig macht, auf meinen Tisch. Dabei interessiert mich selbstverständlich auch, was sich hinter den „ nackten Zahlen“ tatsächlich verbirgt. Vor nicht allzu langer Zeit (2020) wurde ein Be- und Zustandsbericht über das sogenannte Herzogliche Bad von uns in Auftrag gegeben. Die Dokumentation, die als Grundlage für eine spätere Restaurierung dient, fand dabei mein besonderes Interesse und machte mich neugierig.

Der Raum, so mein bisheriger Kenntnisstand, gehört zur einstigen Wohnsuite Herzog Georgs II. von Sachsen- Meiningen und wurde von diesem als Ankleidezimmer und Bad benutzt. Wie die benachbarten Räume ließ der Herzog diesen persönlichen Wohnbereich im Schloss in den 1880er Jahren umgestalten. Dabei wurden die Wände mit schweren Holzvertäfelungen verblendet, in der teilweise Wandschränke eingebunden sind. Auch finden sich gobelinähnliche Tapeten. Zur weiteren Ausstattung gehört eine Holzkassettendecke, ein farbiges Bleiglasfenster, ein Wand- Fußbodenspiegel aus grünen Kacheln und in der Türbekrönung eine Wanduhr, denn auch der Herzog hatte Termine.

1905 gab Georg seinem Hofbaumeister Behlert den Auftrag zum Einbau eines Bades, welchen dieser mit einigen Schwierigkeiten noch im selben Jahr durchführen ließ. Zur damaligen Ausstattung gehörten ein Badeofen und ein Badebassin, welches extra angefertigt wurde. Man spürt förmlich den Einzug moderner Wohnverhältnisse im barocken Schloss Elisabethenburg, zumal ja auch bereits im Nachbarraum ein „water-closet“ vorhanden war. Die wechselhafte Geschichte dieses Raumes natürlich auch mit wechselnden Nutzungen macht den weiteren Werdegang sehr spannend und sollte unbedingt weitererzählt werden. Dieses verborgene Schätzchen des Schlosses wartet darauf, zu neuem Leben erweckt zu werden und die persönliche Lebenssituation Georgs weiter zu beleuchten.

Zurück zu den Artikeln -->

 

12.04.2021

Rosemarie Burkhardt – Das fürstliche Hochzeitsservice

Schon immer habe ich eine Vorliebe für schönes Porzellan. Es macht einen gedeckten Tisch besonders reizvoll und es ist natürlich auch sehr praktisch zur Verwendung im Haushalt. Seit 2000 arbeite ich bei den Meininger Museen und gehöre zum Team der Servicekräfte. Zu zweit obliegt uns die Pflege von zirka 3.500 m² in Ausstellungsräumen und 800 m² in Büro- und Nebenräumen, darunter auch das große Treppenhaus und zwei kleinere Treppenhäuser und die Schlosskirche. Auch zirka 110 Türen in den drei Museen müssen immer wieder gepflegt werden. Zum Fensterputzen im Schloss, Theatermuseum und im Baumbachhaus gibt es eine Servicefirma die das Reingingen aller Fenster übernimmt. Wir betreuen die Personalkantine, waschen die Hand- und Tischwäsche für die Museen und organisieren Einkauf und Lagerung von Reinigungsmitteln und –geräten. Meiningen ist meine Heimatstadt.

Porzellan begegnet einem beim Gang durch die Museen in vielen Räumen: Prächtige Tafelaufsätze, kunstvolle Porzellanfiguren, Service- und Geschirrteile. Seit 2018 ist ein besonderer Schatz im grünen Zimmer an der Oberen Galerie im Schloss zu bewundern: Teile des Hochzeitsservice für Prinzessin Charlotte von Preußen und Erbprinz Georg von Sachsen-Meiningen. Es gefällt mir ganz besonders und ich bewundere es. Immerhin war es ein König, Friedrich Wilhelm IV. von Preußen, der das Tafel- und Dessertservice im Jahr 1850  in der Königlichen Porzellan-Manufaktur Berlin bestellte.  Wenn man die Beschreibung der Ausstellung liest, kommt man ins Staunen. Das Service umfasste ursprünglich unglaubliche 50 Gedecke. Hinzu kam ein Tafel-Aufsatz aus fünf dekorativen Vasen, die auch in der Ausstellung im Schloss Elisabethenburg  eine krönende Zierde des Ganzen darstellen. Zur Hochzeit am 18. Mai 1850 im Berliner Schloss Charlottenburg war das prunkvolle Geschenk des Königs an seine Nichte noch nicht fertig. Insgesamt 24 Stücke aus diesem Service sind in der ständigen Ausstellung im Schloss Elisabethenburg zu sehen.

Zurück zu den Artikeln -->

 

14.04.2021

Andrea Jakob – Porträtfotos Herzog Bernhard III. von Sachsen-Meiningen und Herzogin Charlotte

Anlässlich der von mir konzipierten Ausstellungen „Zeitenwende“ zeigen die Meininger Museen eine erweiterte Exposition mit dem Freistaat Sachsen-Meiningen als Schwerpunkt. Hierin wird neben der Vorstellung der Kinder und Enkel Herzog Georgs II. von Sachsen-Meiningen der Bogen vom Ersten Weltkrieg über die Novemberrevolution, die ersten demokratischen Wahlen bis hin zum Ende der Meininger Gebietsvertretung im Land Thüringen bis in die dreißiger Jahr gespannt. Angesprochen wird auch die weitere Entwicklung des Landes Thüringen bis zum Ende der Weimarer Republik – spielte doch der ehemalige Freistaat Sachsen-Meiningen als zweitgrößtes beigetretenes Landesteil weiterhin eine wichtige Rolle in Thüringen. Eingegangen wird auch auf den Rücktritt der rot-roten Landesregierung 1923, in deren Zusammenhang die Ermordung von drei Arbeitern in Meiningen analysiert wird. Ebenso wird erwähnt, wie sich später das Land Thüringen und mit ihm ein ehemaliger Sachsen-Meininger als Vorsitzender des Thüringer Landbundes zum Steigbügelhalter der Nationalsozialisten entwickelt und jenen somit zur Macht im Deutschen Reich verhilft.

Im Zusammenhang mit diesen Ausstellungsprojekten konnte ich mir einen lange gehegten Wunsch erfüllen. Seitdem ich in den 1980er Jahren als Praktikantin im Museum in Meiningen viel über Herzog Georg II. von Sachsen-Meiningen erfahren konnte, wollte ich wissen, wie es den Nachkommen dieses berühmten Herzogs nach 1918 und nach 1945 ergangen war. Auf der Suche nach passenden Fotos stieß ich hierbei auf eine Reihe von Aufnahmen, welche die herzogliche Familie auch nach der Abdankung von 1918 zeigt. Es sind Objekte darunter, die mich ganz besonders angesprochen haben.

Vor allem das verblichene Porträt, das die Gemahlin des letzten Herzogs von Sachsen-Meiningen zwei Monate vor ihrem Tod am 15. September 1919 am Schloss Altenstein zeigt, erschreckte mich zutiefst: Es offenbarte eine extreme Hoffnungslosigkeit und einen inneren Schmerz ihrerseits, was ich dank der angestellten Recherchen erst nach und nach verstehen konnte. Gehörte sie doch als Schwester des letzten Kaisers Wilhelm II. und als Enkelin Queen Victorias zu den wenigen am höchsten stehenden Personen im Deutschen Reich, ja sogar auf der ganzen Welt. Im Bewusstsein dessen mag es ihr in den Monaten nach der Abdankung erst so richtig klar geworden sein, dass sie nun wirklich trotz ihres extrem hohen Standes, wie ihr Mann es einmal sagte, auf dem „Misthaufen der Geschichte“ gelandet waren. Hinzu kam natürlich noch das fortgeschrittene Stadium ihrer Porphyrie-Erkrankung, die sie von ihren englischen Vorfahren geerbt hatte. Die andere Fotografie zeigt den letzten Herzog von Sachsen-Meiningen, Bernhard III., in einem seiner letzten Lebensjahre, in denen eine zunehmende Weltabgewandtheit und Vereinsamung sein Leben prägten.

Fünf Jahre nach einer zweijährigen Praktikantenzeit bei den Meininger Museen fand ich dort auch meine berufliche Heimat als Kunsthistorikerin. Als Kustodin betreue ich einen Teil der Kunstsammlungen sowie die kunsthandwerklichen Bestände der Museen. Meine Kindheit und Jugend habe ich übrigens in einem anderen Teil des ehemaligen Herzogtums Sachsen-Meiningen verbracht, in Rauenstein im Schalkauer Hinterland unweit von Sonneberg,  – also im weiteren Sinne auch im sogenannten Meininger Oberland. Dort wurde auch meine Liebe zum Kunsthandwerk, zur Regionalgeschichte und Volkskunde geprägt. Mit großer Leidenschaft habe ich mich daher auch Ausstellungsprojekten zu weihnachtlichen Traditionen, zum zeitgenössischen Spielzeugdesign gewidmet und unter anderem auch eine große Exposition zum Mythos um Frau Holle und zusammen mit Volker Kern eine zur Bedeutung der Freimaurerei in unserer Region kuratiert.

Zurück zu den Artikeln -->

 

19.04.2021

Ivonne Roßmann – Die grüne Bibliothek

Unter den zahlreichen Räumen, Kunstwerken und anderen Exponaten hat für mich die sogenannte „Grüne Bibliothek“ in der ehemaligen herzoglichen Wohnung einen besonderen Stellenwert. Der Raum strahlt Harmonie und Gemütlichkeit aus. Nach wechselhafter Geschichte hat er heute eine besondere Funktion in den Meininger Museen, er präsentiert unsere wertvolle Sammlung historischer Musikinstrumente.

Beim Stichwort Bibliothek denkt man ja logischer Weise zunächst an eine Büchersammlung. Manchmal versuche ich mir vorzustellen, wie dieser Raum aussah, als in den grünen Regalschränken, die Herzog Georg II. von Sachsen Meiningen extra für diesen Raum in seiner Wohnung vor über 100 Jahren anfertigen ließ, Bücher standen. Immerhin waren es die Prachtbände der herzoglichen Büchersammlung, die der Herzog hier repräsentativ aufbewahrte. Da diese Sammlung im Zweiten Weltkrieg verloren ging, wurde auch der Raum zunächst anders gestaltet. Heute stehen die grünen Schränke wieder im Raum und sie bieten den Besuchern eben dieses ganz besondere Erlebnis - sie lassen die Sammlung historischer Musikinstrumente „lebendig“ werden. Wenn unsere Musikwissenschaftlerin, Frau Dr. Goltz, mit Gästen in den Räumen ist, lausche ich gern mit, um mehr über die tollen Instrumente zu erfahren. Fast die Hälfte der 105 Objekte, die zur Sammlung gehören, zählte einst zum Bestand des 1832 vom berühmten Ludwig Bechstein gegründeten Hennebergischen Altertumsforschenden Vereins. Manche sind über 400 Jahre alt. Es ist eine super Idee, dass beim Betreten des Raumes eine Musik einsetzt, die den Klang von dort ausgestellten Instrumenten nachempfinden lässt.

Ich bin in Meiningen zu Hause und gehöre seit 2017 zum Team der Servicekräfte der Meininger Museen. Dadurch komme ich regelmäßig durch alle Räume in unseren drei Häusern. Oft ist es noch früh am Morgen, lange bevor die ersten Besucher kommen. Viel Zeit, die Exponate zu bewundern, bleibt da nicht. Aber beim Arbeiten kommt man den Objekten ja auch viel näher als ein Museumsbesucher.

Zurück zu den Artikeln -->

 

21.04.2021

Uta Irmer – Fensterleder-Jacke

Jedes historische Objekt kann eine Eintrittskarte für eine Zeitreise sein. So sind für mich die Meininger Museen mit ihren drei geschichtsträchtigen Standorten (Schloss, Reithalle, Baumbachhaus) und ihren vielfältigen Sammlungsbereichen ein immer noch unerschöpflicher und spannender Ort, der mich nach wie vor überrascht. Aus dieser Fülle ein einziges Objekt zu wählen ist mir nicht möglich, da mich zu vieles gleichzeitig begeistert. So reicht diese Spannbreite von prachtvollen Salons verschiedener Zeitepochen, kunstvollen Raumausstattungen, Exponaten aus wertvollen Materialien in aufwendigen Techniken gearbeitet bis hin zu rätselhaften und profanen Gegenständen mit spannender Geschichte. Zu diesen letzteren gehört auch das auf den ersten Blick unscheinbare Objekt, welches ich hier vorstellen möchte:
 
Es ist ein selbstgeschneiderter, sportlicher Lederblouson, der seit 2009 als Schenkung in unserem Bestand ist. Das Besondere an diesem Objekt sind seine Entstehungsumstände und die kuriose Materialauswahl: Fensterleder, das eigentlich zur Glasreinigung und zum Polieren von Autos Verwendung findet. Die Jacke wurde um 1980 aus Mangel an Alternativen aus Fensterleder genäht. Die Idee dazu stammte von einem Bekannten des Schenkers, welcher Mitglied in einer Indianistikgruppe war und erzählte, dass in der Gruppe Fensterleder genutzt wurde, um Teile der Kostüme zu fertigen. Er lieferte auch gleich den wichtigen Tipp zur Bezugsquelle großer Lederflächen mit. Die Jacke wurde sehr achtsam getragen, da sie nicht einfach zu reinigen war und vor allem nicht von Regen überrascht werden durfte, da sie sonst ruiniert wäre. Sie ist ein ganz persönliches Zeitzeugnis gelebter DDR-Geschichte und zeigt beispielhaft den Erfindungsreichtum und den Wunsch nach Individualität neben der eintönigen „Kombinatsmode“ in der DDR. 2018 wurde sie im Rahmen der Ausstellung „Das besondere Depotobjekt“ zum ersten Mal der Öffentlichkeit präsentiert.
 
Seit 1988 bin ich in den Meininger Museen als Textilrestauratorin tätig. Textilien gehören neben Papier zu den empfindlichsten Materialgruppen und bedürfen einer hohen Achtsamkeit im Umgang und Schutz. Als Ort der restauratorischen Betreuung historischer Textilien in der Sammlung gehört das Textilmagazin in meinen Verantwortungsbereich. Ebenfalls obliegt mir die restauratorische und/oder konservatorische Vorbereitung und Präsentation textiler Objekte, wie das Montieren auf Figurinen für Ausstellungen und der Klima- und Lichtschutz. Nach 1996 kamen neue Aufgabenbereiche hinzu: Seit 1999 organisiere ich jährlich den KunstHandwerkerMarkt am 2. Adventswochenende im Schloss. Zudem zeichne ich verantwortlich für Veranstaltungen (Meiningen leuchtet), Ausstellungen (LICHTräume/2010; ALLES LICHT/2015; CD-Installation von Detlef Schweiger, Dresden zur barocken Tapisserie Triumphaler Einzug Alexanders des Großen in Babylon, 2017/18) und betreue Projekte für Kinder und Jugendliche wie das Schüler-Kunstprojekt: Wir schaffen ein Kunstwerk aus CD’s/ 2018, dabei wurden drei Rauminstallationen neu geschaffen, die einen Monat zu sehen waren.

Zurück zu den Artikeln -->

Aktuelles

Unterwegs - Zwischen Meiningen und Europa

20. Mai, 18 Uhr: Theaterauffüung zur...

Die Montagsführung

Montags, 14 Uhr, im Schloss Elisabethenburg

VORSCHAU: Ausstellung ab 13. Juni zeigt:

Welttheater Wolfsschlucht - Werner Tübkes...

Kontakt:
Kulturstiftung Meiningen-Eisenach
Meininger Museen
Schlossplatz 1
98617 Meiningen

Tel: 03693 - 88 10 10
kontakt@meiningermuseen.de

 
© 2024 Meininger Museen   | Impressum | Datenschutz